Pflege - informieren und vorsorgen

1,76 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland werden allein durch Angehörige gepflegt. Viele unterschätzen dabei die körperlichen und organisatorischen Herausforderungen, aber auch die seelische Belastung. Welche finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten pflegende Angehörige nutzen und wie sie mit den psychischen Herausforderungen umgehen können, weiß Dirk Görgen, Pflegeexperte der DKV.

Hilfe für pflegende Angehörige

Was belastet pflegende Angehörige?  

Kommt es zu einem Pflegefall in der Familie, ist das für die Betroffenen, aber auch für die Angehörigen ein schwerer Schlag. Um den Pflegebedürftigen nicht aus seiner gewohnten Umgebung zu reißen, entscheiden sich viele Familien für die Pflege zu Hause: Rund 80 Prozent der Pflegebedürftigen werden zu Hause von ihren Angehörigen versorgt. Die wenigsten erhalten dabei Unterstützung von Pflegediensten. Die durchschnittliche Pflegedauer liegt bei sieben Jahren. „Wer über einen längeren Zeitraum einen Menschen pflegt, kommt irgendwann an seine seelischen und körperlichen Grenzen. Die Belastungen sollte niemand unterschätzen“, so Görgen, Pflegeexperte der DKV. Das Heben, Lagern und Stützen des Pflegebedürftigen kann langfristig zu Rücken- und Gelenkproblemen führen. Zu den körperlichen Auswirkungen kommt die psychische Belastung: Pflegende Angehörige, die erste Warnsignale wie Erschöpfung und wiederkehrende Stimmungstiefs bei sich feststellen, sollten sie ernst nehmen und sich Hilfe suchen. Im schlimmsten Fall kann es sonst zu einer Depression kommen. Weitere Symptome, die auf eine körperliche oder seelische Belastung hinweisen können, sind zum Beispiel andauernde Kopf-, Nacken-, Kiefer- oder Schulterschmerzen, Anfälligkeit für Infektionen, Verdauungsprobleme, Schlafstörungen, Nervosität, Reizbarkeit oder Konzentrationsschwierigkeiten.

 

Entlastungsangebote annehmen  

Damit es gar nicht erst so weit kommt, empfiehlt Görgen pflegenden Angehörigen, Entlastungangebote wahrzunehmen. „Es gibt viele unterschiedliche Unterstützungsmöglichkeiten, die Angehörigen helfen, regelmäßig Zeit für sich selbst zu haben, sich zu entspannen und so die eigene Gesundheit zu schützen“, sagt der Pflegeexperte der DKV. Eine Möglichkeit: die sogenannte Verhinderungspflege. Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2 haben darauf jährlich bis zu sechs Wochen Anspruch. Eine regelmäßige Inanspruchnahme von professioneller Tages- und Nachtpflege durch Pflegeeinrichtungen kann ebenfalls Erleichterung bringen. Oder ein gemeinsamer Urlaub mit dem Pflegebedürftigen, passende Angebote gibt es beispielsweise bei speziellen Pflegereiseveranstaltern und -hotels. Auch die Unterstützung von Besuchs- und Betreuungsdiensten durch Ehrenamtliche oder professionelle Pfleger für einige Stunden in der Woche kann Angehörige entlasten.

 

Soziale Kontakte pflegen

Die Pflege eines Angehörigen nimmt viel Zeit in Anspruch und wird allzu oft neuer Lebensmittelpunkt. Viele vernachlässigen dadurch ihre eigenen Bedürfnisse. „Doch genau dann ist es besonders wichtig, sich Zeit für soziale Kontakte und Hobbys zu nehmen“, sagt Görgen. Sinnvoll in dieser Situation können auch Selbsthilfegruppen oder Gesprächskreise sein, in denen ein Austausch mit anderen pflegenden Angehörigen möglich ist. Entsprechende Angebote finden Interessierte in der Datenbank der „Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS)“.

 

Anspruch auf Kuraufenthalt

Was viele nicht wissen: Pflegende Angehörige haben Anspruch auf eine Kur. Seit 2019 sogar dann, wenn auch eine ambulante Versorgung des Pflegebedürftigen reichen würde. Die dreiwöchige Kur beinhaltet unter anderem Therapien, Sport, Entspannung, Stressbewältigung sowie eine Einschätzung und Bewertung der häuslichen Pflegesituation. Die Versorgung des Pflegebedürftigen kann während dieser Zeit beispielsweise über eine Kurzzeitpflege oder eine Ersatzpflege organisiert werden.

 

Finanzielle Unterstützung

Auch finanzielle Unterstützung sorgt für Entlastung: Wer pflegebedürftig ist, hat Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung. Bei häuslicher Pflege ist das ein Pauschalbetrag, der je nach Pflegegrad unterschiedlich hoch ausfällt. Darüber hinaus stehen jedem, der zu Hause versorgt wird und über einen Pflegegrad verfügt, monatlich bis 125 Euro zu. Der sogenannte Entlastungsbetrag soll pflegende Personen unterstützen und ihnen Pausen vom Pflegealltag ermöglichen. Damit können sie etwa die Begleitung von Pflegebedürftigen zum Arzt, haushaltsnahe Dienstleistungen wie eine Einkaufshilfe oder eine Verhinderungspflege finanzieren. Zusätzlich können Angehörige bei der Pflegekasse beziehungsweise Pflegeversicherung weitere Zuschüsse für Pflegehilfsmittel oder Maßnahmen zur Verbesserung der Wohnsituation, beispielsweise den Einbau von Treppenliften, beantragen. Weitere Fördermöglichkeiten zum altersgerechten Wohnen und Umbauen bietet die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).

 

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